Ich habe vor einigen Jahren im Dezember eine Anfrage von einer Dame für eine Villa etwas außerhalb von Wien erhalten. Kaufpreis eine knappe Million.
Sie wollte diese ganz schnell besichtigen und kaufen, da der Gatte zu Weihnachten von Amerika kommt und sie ihn vom Flughafen abholen möchte um dann gleich in ihr neues zu Hause fahren.
Aus diesem Grund bat sie mich auch alle Ankaufsunterlagen sofort zum Termin mitzunehmen und fragte mich, ob ich das organisatorisch schaffe.
Ich sagte ihr, dass dies sehr eng werden würde (es war nicht mal eine Woche vor Weihnachten), doch ich mein Bestes tun werde. Also vereinbarten wir einen Termin.
Natürlich hätte ich mich über dieses rasche “Weihnachtsgeld” sehr gefreut, immerhin hatte ich hier von beiden Seiten volle Provision vereinbart!
Wie sich herausstellte hatte die Dame allerdings kein Auto, weshalb ich mich (widerwillig) breit schlagen lies sie von der U-Bahn Endstation abzuholen, damit wir ins Haus fahren.
Man soll wirklich NIEMANDEM nach seinem Aussehen beurteilen. Doch schon bei der Begrüßung fiel mir auf, dass es sich bei dieser Dame nicht um die „typische“ Käuferin einer mehrere Millionen Villa handelt.
Also nützte ich die Fahrtzeit um ihr ein wenig auf den Zahn zu fühlen.
Dabei stellte sich heraus: sie ist Hausmeisterin in einem Gemeindebau in Wien 10 und wohnt aktuell in einer 2 Zimmer Wohnung.
Der Gatte hat aber unwahrscheinlich viel Geld und möchte für sie Beide eine Villa kaufen, da er ja am 23. Dezember in Wien ankommt.
Das weckte meine Neugier! Also fragte ich sie, in welcher Branche der Herr Gemahl tätig ist – das wusste sie nicht!
Sie war aber unheimlich nett und wir fanden auch sehr schnell einen Draht zueinander, weshalb ich hier nicht locker lies und dann stellte sich heraus:
Sie hat den „Gatten“ via Facebook kennengelernt. Er war wohl ein sehr reicher Unternehmer aus Amerika, der sie vor einigen Monaten angeschrieben habe und daraus hat sich dann „die große Liebe“ entwickelt.
Sie erzählte mir, dass sie ihr Glück noch gar nicht fassen kann, in ihrem Alter noch so einen netten Mann kennenzulernen und dann auch noch so einen!
Ihre größte Sorge die ganze Zeit war, wo sie so schnell noch einen Christbaum herbekommt, damit auch wirklich Alles perfekt ist, wenn er ankommt.
Mir kam das Alles mehr als eigenartig vor und ich fragte sie, ob sie ihm bislang Geld überwiesen hat? Sie verneinte dies vehement – denn so einer ist er nicht und er ist auf ihr Geld auch nicht angewiesen.
Ganz im Gegenteil! Er wusste ja, dass sie kein Auto hat und hat ihr angeboten ihr einen Maybach zu kaufen. Sie fragte ihn aber „wozu?“ immerhin hat sie nicht mal einen Führerschein!
Das Haus gefiel ihr sehr gut und sie wollte es sofort kaufen. Ich hatte die Papiere (wie beauftragt) zwar bei mir, sagte ihr aber, dass ich sie kein Kaufanbot unterzeichnen lasse.
Sie sah mich verdutzt (und sehr traurig!!!) an und fragte warum. Ich sagte ihr, dass mir die Geschichte sehr eigenartig vorkommt und ich fürchte, dass sie hier auf einen Betrüger reingefallen ist.
Dies stritt sie vehement ab und sagte mir, dass er ihr sogar die Kontoauszüge geschickt hat von dem Konto, welches er extra für ihre gemeinsame Zukunft eröffnet habe und da mehr als genug Geld drauf sei. Dieses Geld sei auf dem Weg zu ihr, auf ihr Konto.
Ich wies sie sehr intensiv darauf hin, dass wenn sie diesen Vertrag unterzeichnet, sie verpflichtet ist die Liegenschaft zu kaufen und auch mir Provision zu bezahlen.
Wenn dies dann (aus welchen Gründen auch immer) nicht klappt, würde sie sich mit ihrem Hausmeister Gehalt für den Rest ihres Lebens finanziell davon nicht mehr fangen.
Das war ihr Alles egal! Zwischenzeitlich rief „der Gatte“ auch via Video Call an und schwor ihr seine unendliche Liebe.
Ich sagte ihr, sie solle mir die Kontoauszüge schicken. Ich sehe mir das an und sollte das passen, dann können wir immer noch unterzeichnen.
Darüber war sie zwar sehr enttäuscht, stimmte letztendlich aber zu.
Auch ihren (erwachsenen) Kindern habe sie noch nichts von ihm erzählt, weil sie es sich so schön ausgemalt hatte: sie holt ihren Gatten vom Flughafen ab, dann fahren sie in ihre neue Villa nach Hause, wo bereits Alles weihnachtlich dekoriert ist und dann kommen die Kinder zu Besuch, welchen sie in perfekt romantischem Ambiente die Liebe ihres Lebens vorstellt.
Als wir uns verabschiedeten, vereinbarten wir, dass sie mir so schnell wie möglich die Kontoauszüge schickt und sich bei mir meldet, sollte sich der „Gatte“ irgendwie zu finanziellen Transaktionen äußern.
Kurz darauf erhielt ich Kopien von Kontoauszügen, auf welchen tatsächlich mehrere Millionen Pfund verbucht waren.
Ich googelte die Bank, welche es tatsächlich gab.
Trotzdem erschien mir das Alles noch sehr eigenartig.
Deshalb sandte ich die Unterlagen an meine Bankbetreuerin, zu welcher ich eine sehr gute Beziehung pflege, und erzählte ihr die dazugehörige Story.
Auch sie hatte das selbe Gefühl wie ich – das klingt zu gut um wahr zu sein.
Die Bank gibt es tatsächlich, doch war irgendetwas merkwürdig an diesen Kontoauszügen, weshalb sie es intern an eine Abteilung weiterleitete, welche sich mit solchen Fällen befasst.
Diese meldeten sich binnen Minuten bei mir zurück und warnten mich ausdrücklich hier irgendwelche Geschäfte zu machen und die Dame ins Unglück zu stürzen.
Also rief ich die Kundin an und sie erzählte mir, dass sie nochmals mit ihrem Gatten gesprochen und ihm von unserer Besichtigung berichtet hat.
Das Haus wäre perfekt für ihr Liebesglück, aber die böse Maklerin lässt sie keinen Vertrag unterzeichnen, weil das Geld ja noch nicht bei ihr am Konto angekommen ist.
Er sagte ihr, dass es mit der Überweisung Probleme gab und das Geld aktuell in der Luft hänge. Damit es auf ihrem Giro Konto eingehen kann, müsste sie 10.000,- bezahlen.
Sie berichtete mir, dass sie dazu auch bereit ist. Zwar handelt es sich dabei um ihr gesamtes Erspartes, aber immerhin handelt es sich um die große Liebe und den Jackpot im Leben.
Da war es dann vorbei mit meiner Geduld! Ich redete auf die Dame ein, sie soll dies unter keinen Umständen tun und ihm sagen, dass sie das nicht kann.
Wenn er sie so unendlich liebt und ach so reich ist, wird er Wege finden, wie sie ihr gemeinsames Leben beginnen, bzw. das Geld zu ihr gelangt.
Dies tat sie zum Glück auch!!!!
Und siehe da: plötzlich war er gar nicht mehr so verliebt, beleidigte sie aufs Übelste und beendete das Gespräch. Sie versuchte noch mehrfach ihn zu erreichen – allerdings ohne Erfolg.
Ich sagte ihr dann ganz deutlich, worauf sie hier reingefallen ist und ich froh bin, dass der Schaden in Grenzen gehalten werden konnte.
Sie war total beschämt, weil sie meinte, dass man über so üble Machenschaften immer so viel hört und liest, sie aber niemals damit gerechnet hätte jemals so dumm zu sein auf so eine Masche reinzufallen.
Das Ende vom Lied war, dass sie mich zu Weihnachten angerufen hat.
Sie hatte sich einen kleinen Christbaum für ihre Gemeindewohnung gekauft und ihre Kinder bei sich. Da erzählte sie ihnen Alles. Auch, dass ich mich geweigert hatte sie einen Vertrag unterschreiben zu lassen, sowie ich der ganzen Angelegenheit auf den Grund gegangen bin.
Ich hatte dann auch ihre Tochter am Apparat, welche sich dutzende Male bei mir bedankte, dass ich ihre Mama vor dem Unglück ihres Lebens bewahrt habe. Denn ihr war völlig bewusst: hätte ich sie das Kaufanbot unterzeichnen lassen (wie vielleicht so manch anderer Kollege), wäre sie bis ans Ende ihres Lebens in einer massiven finanziellen Notlage.